Als Handlungshilfe bei herausfordernden Situationen im Berufsalltag bewährt sich für professionell Pflegende seit Jahrzehnten der ICN-Ethikkodex. Die zuletzt 2021 überarbeitete Fassung soll verlässliche Orientierung bei sensiblen Entscheidungen und wertebasiertem Handeln geben. Doch die rasant wachsenden Einsatzmöglichkeiten von technologiegestützten Innovationen im Pflegesektor werfen vollkommen neue pflegeethische Fragestellungen auf. Diese stehen in diesem Jahr im Fokus des BZG-Symposiums.
Expert*innen aus den Gesundheits- und Pflegewissenschaften sowie der Medizin- und Pflegeethik geben einen aktuellen Überblick über die Grundlagen und die Umsetzung von pflegeethischen Standards und Leitlinien der Patientenversorgung. Damit verbindet sich auch die Frage nach der Ausrichtung der Ethikkompetenzentwicklung in der Pflegebildung. Kritisch reflektiert werden die ethik-relevanten Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz und Robotik im Pflegealltag unter den Rahmenbedingungen der Ressourcenknappheit. Die Teilnehmenden erfahren, wie sich die Pflegeforschung mit Digitalisierungsangeboten für einzelne Patientengruppen auseinandersetzt.
Freuen Sie sich auf hochkarätige Referent*innen, inspirierende Vorträge aus Forschung und Praxis sowie auf die konstruktive Auseinandersetzung mit einer zukunftsweisenden Kompetenzentwicklung in pflegeethischen Fragen. Wir sehen dem Austausch mit Ihnen in der einladenden BZG-Atmosphäre in Wiesloch mit Vorfreude entgegen!
Die Referate
Grundlagen der Medizin- und Pflegeethik
Dr. Miriam Fischer-Geboer; Studienleiterin und Leiterin des CAS Medizinethik an der Thales-Akademie für angewandte Philosophie, Freiburg
Was ist Ethik überhaupt? Wodurch zeichnet sich gutes Handeln aus? Was verstehen wir unter „guter Medizin“, was unter „guter Pflege“? Die Medizinethikerin skizziert die wichtigsten philosophischen Ethikansätze sowie die prägenden medizinethischen Theorien, die im Hintergrund der medizin- und pflegeethischen Praxis stehen. Anhand von Beispielen zeigt sie, welchen Themen sich die Ethik im Gesundheitswesen aktuell widmet und in welchen Formen – Ethikcafés, -komitees, -visiten u.a. – sie praktisch umgesetzt werden und gelingen kann.
Ethikkompetenzentwicklung unter Einbezug von Care-Ethik
Prof. Dr. rer. cur. Christiane Gödecke; Studiendekanin, Professorin für Pflegewissenschaft an der Hochschule Esslingen
Als elementares Lehrgebiet der Pflegebildung stand Ethik in den letzten Jahren vermehrt im Blickfeld. Gesellschaftliche Veränderungsprozesse, die sich auch in der Gesundheitsversorgung widerspiegeln, tragen zur wachsenden Gewichtung und kontinuierlichen Neuausrichtung der Pflegeethik wie auch zur dynamischen Entwicklung des Teilgebiets Care-Ethik bei. Es stellt sich die Frage, wie sich die Ethikkompetenzentwicklung in der Pflegebildung verändert und welche Rolle die Care-Ethik gegenwärtig und zukünftig einnehmen soll.
Beitrag der Ethikberatung in der Patientenversorgung
Dr. phil. Beate Herrmann, M.A.; Vorsitzende des Klinischen Ethikkomitees, Leiterin des Fachbereichs Klinische Ethikberatung, UKHD
Mit der modernen (Apparate-)Medizin haben sich die Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten erweitert. Behandelnde, aber auch Patient*innen und Angehörige müssen mehr entscheiden und verantworten. Häufig ist unklar, ob das medizinisch Machbare auch das ist, was individuell nützt oder gewünscht wird. Ethisch relevante Entscheidungen stehen dort an, wo auch wertebezogene Aspekte zu berücksichtigen sind. Wie lassen sich solche Entscheidungen in der Praxis finden? Welche medizinethischen Prinzipien spielen dabei eine Rolle? Wie können ethische Fallbesprechungen zu einer guten Entscheidungsfindung und Entlastung aller Beteiligten beitragen?
Ethische Herausforderungen im Umgang mit knappen Ressourcen in der Patientenversorgung
PD Dr. phil. habil. Nadia Primc; Akademische Rätin, Mitglied des Ethikkomitees UKHD und der Ethikkommission der Landesärztekammer BW
Die Expertin für Ethikberatung im Gesundheitswesen wird auf die Relevanz und die Grenzen ethischer Verpflichtungen im Umgang mit knappen (zeitlichen) Ressourcen in der Patientenversorgung eingehen. Im Fokus stehen hierbei unterschiedliche Konzeptionen einer gerechten Verteilung und die Folgen, die sich jeweils für Patient*innen sowie Vertreter*innen der Gesundheitsberufe und deren Wohlergehen ergeben.
Robotik in der Pflege: Zwischen Innovation und pflegeethischer Reflexion
Julia Kämmer, M.A.; Wiss. Mitarbeiterin im Projekt „SMiLE2getherGaPa“ an der Katholischen Stiftungshochschule München
Robotische Systeme werden als vielversprechende Möglichkeit gesehen, um den steigenden Herausforderungen des Pflegesektors zu begegnen. Neben technologischen Potenzialen stellen sich auch pflegeethische Fragen: Wie kann das Zusammenspiel von Mensch und Maschine in der Praxis gestaltet werden, ohne zentrale Werte wie menschliche Nähe, Autonomie und Würde zu gefährden? Welche Robotik-Arten eignen sich aktuell und zukünftig für den Einsatz in der Pflege? Im Fokus steht dabei die kritische Reflexion pflegeethischer Dimensionen.
Digitalisierung und Pflegebedürftigkeit, passt das zusammen?
Prof. Dr. rer. med. Markus Wübbeler; Professor für Klinische Pflegeforschung, Studiengangsleitung Clinical Research Management, Hochschule Bochum
Was weiß die Pflegeforschung über Digitalisierungsangebote für Menschen mit beginnendem Pflegebedarf? Sie gehören zu einer kaum erschlossenen Zielgruppe im Bereich der digitalen Versorgungsangebote. Die Inanspruchnahme des Versorgungsangebots und die Adhärenz in der Nutzung in diesem Bereich sind unbekannt. Der Referent wird diese Zielgruppe charakterisieren, deren Nutzungsverhalten analysieren sowie Förderfaktoren und Barrieren identifizieren.
Alle Informationen zum Symposium finden Sie hier im Flyer.